Gerade aus Kyjiw zurück, habe ich die Worte von Mustafa Nayem im Ohr, jenes Journalisten, der 2013 die Revolution in der Ukraine mit anstieß und uns am diesjährigen Unabhängigkeitstag der Ukraine unter anderem die folgenden Sätze mit auf den Weg gab:
„The Russians can scale up aggression much more than YOU can imagine. You are not prepared for it. Why you guys are so relaxed?!”
Und weiter: „Russians are addicted to invasion. You will see and feel it in your countries. Russians want to be in Berlin again, they want to be in Paris again. This war is not over yet.”
Worte wie diese lassen mich nicht kalt. Sie rütteln auf und machen wach. Der Krieg in der Ukraine, der mit allen erdenklichen Mitteln gegen die Zivilbevölkerung geführt wird, begann nicht 2022 und auch nicht 2014 – er begann deutlich früher. Er begann damit, dass die Ukraine von russischer Energie abhängig gemacht wurde, dass sich russische Oligarchen Einfluss kauften und dass in ukrainischen Sicherheitsdiensten russische Agenten ein- und ausgingen. Das war der eigentliche Anfang.
Hinzu kamen im Rahmen der hybriden Kriegsführung massive Desinformationskampagnen, ein einseitiges und verzerrtes russisches Geschichtsbild, das die ukrainische Eigenständigkeit de facto ausblendete, sowie der Einfluss der russisch-orthodoxen Kirche unter dem Moskauer Patriarchat mit dem Bau neuer Kirchen.
Auf diesem Fundament konnte Moskau aufbauen, als 2013/2014 die Janukowytsch-Regierung versuchte, mit Unterstützung russischer Spezialeinheiten den Maidan niederzuschlagen. Anschließend wurde zunächst die Krim besetzt, kurz darauf drangen russische Truppen in den Osten des Landes ein, um diesen zu kontrollieren. Häufig wurden bei der Annexion der Krim oder auch bei der Invasion in den östlichen Oblasten Luhansk und Donezk die Narrative der russischen Propaganda von deutschen Medien nahezu wörtlich übernommen: Es sei von einem „Bürgerkrieg“ die Rede gewesen oder von „grünen Männchen“ (ohne Hoheitsabzeichen), die angeblich „Urlaub“ auf der Krim machten. Lange Zeit fanden diese Darstellungen in Teilen der Bevölkerung Glauben.
Doch was hat das alles mit uns hier in Deutschland zu tun?
Russland setzt auch hier ähnliche Methoden ein, um die Dominanz über die liberalen Gesellschaften Europas zu erlangen und demokratisch verfasste Staaten von innen heraus zu schwächen. Bevor wir es richtig bemerken, könnte es bereits zu spät sein.
Aus diesem Grund haben wir den Verein gegründet: Das Forum für Wehrhafte Demokratie e.V. soll dazu beitragen, offensichtliche und weniger offensichtliche Phänomene, die auf die Destabilisierung unserer Demokratie abzielen, zu analysieren, zu benennen und gemeinsam zu bekämpfen.
Mustafa Nayem, der von 2014 bis 2019 im ukrainischen Parlament saß und später unter Präsident Selenskyj in der Regierung mitarbeitete, gab uns noch die Mahnung mit: „You have to militarise your population. You have to prepare your people for what is coming.”
All das mag in den Ohren vieler Menschen hierzulande martialisch und fern klingen. Doch wer genauer hinschaut – und genau das wollen wir tun – erkennt schon heute zahlreiche alarmierende Anzeichen, auf die Politik, Wissenschaft, Justiz, Sicherheitsbehörden und Gesellschaft entschiedener reagieren sollten.
